„The Human Condition“
InsideOut/SPV
Quo vadis Saga? Michael Sadler war mit seiner charismatischen Stimme quasi das Aushängeschild der Kanadier. Nach seinem Ausstieg beschäftigte die Fangemeinde vor allem die Frage, wie die Band klingen würde ohne ihn. Sadler selber hatte in einem Interview gesagt, dass der neue Sänger auf keinen Fall ein Sadler-Klon sein dürfe. Und genau das ist Rob Moretti (dem einen oder anderen dürfte der Sänger vielleicht von dessen früherer Band Final Frontier bereits bekannt sein!) auch nicht – wenngleich man im Stück „A Number With A Name“ (dessen Intro an jenes des Saga-Klassikers „Book of Lies“ erinnert) fast meinen könnte, dass Sadler sich als Gastmusiker ein Stelldichein gegeben hätte. Hat er aber nicht. In den anderen Stücken wird der stimmliche Unterschied besonders deutlich. Geprägt sind sie durch eine präzise und klare Tongebung Morettis. Vielleicht gerade deshalb steht diese Frischzellenkur der Band außerordentlich gut (welch eine Untertreibung!). Die typischen Saga-Soundmerkmale sind durchaus erhalten geblieben, wurden jedoch hier und da mit progressiven Elementen zusätzlich angereichert. „Es sind [aber] immer noch wir“, wird Ian Crichton im Presseinfo zitiert. Was die Band mit Moretti hier erschaffen habt, klingt frischer und abwechslungsreicher als die letzten Saga-Alben, in denen sich die Band letztlich nur reproduzierte. Sei es das schwere, stampfende, im Refrain sehr hymnisch- melodische „Step Inside“ (Moretti erinnert hier stimmlich ein wenig an seinen Landsmann James LaBrie), die eingängigen und durchaus Hit-verdächtigen „You look good to me“ und „Avalon“, das progressive „Crown of Thorns“ oder das an „Corkentellis“ vom Vorgänger-Album erinnernde Titelstück. Den Kanadiern ist, trotz des kleinen Durchhängers „Hands of Time“ mit diesem enorm frischen, vor Spielfreude nur so strotzenden Album, das wohl beste, innovativste und stärkste Werk seit vielen Jahren gelungen!
Sven Meyer