House Of Cards: CMM-Music-Production
Saga sind in der Geschichte der Rockmusik ein ganz besonders erwähnenswertes Phänomen. Einerseits zählen sie unbestritten zu den Protagonisten des so genannten Artrocks (aus dem später der Begriff "Progrock" wurde), und gelten als legitime Nachfolger des von Yes, King Crimson oder Emerson, Lake & Palmer kreierten Genres, bei dem symphonische Elemente mit Rock-Passagen und epischen Arrangements verknüpft werden. Im Gegensatz zu eben jenen Formationen haben Saga jedoch bis heute überlebt, sogar in Originalbesetzung (!!), und sind sich zudem über all die Jahre stilistisch treu geblieben. Ihr charakteristischer Spielstil, ihre typischen Trademarks, die stakkato-haften Gitarren, die mit großer Virtuosität von Keyboardkaskaden unterfüttert werden, die Synthese aus progressivem Rock und klassizistischen Querverweisen, über dessen enges Geflecht die Stimme von Sänger Michael Sadler thront, haben sich auch anno 2001 nicht verbraucht. Mehr noch: Ihr aktuelles Album House Of Cards, eine hörenswerte Kollektion aus elf neuen Kompositionen, wirkt frisch und inspiriert, zeitgemäß und modern, ohne dabei die wichtigen Versatzstücke eines unmissverständlichen Saga-Sounds zu vernachlässigen.
"Niemand klingt so wie wir. Einen Saga-Song erkennt man aus Tausenden anderer Lieder heraus. Egal aus welcher Epoche der Bandgeschichte das jeweilige Stück stammt", erklärt Bassist Jim Crichton nicht ohne Stolz. "Zu Beginn unserer Karriere nannten wir diesen Stil spaßeshalber "medieval funk", ein Zeichen für den Humor innerhalb der Gruppe, aber auch Ausdruck dafür, dass wir von Beginn an genau wussten, etwas Außergewöhnliches zu kreieren. Mittlerweile brauchen wir keine Phantasiebegriffe mehr für unsere Musik. Es ist schlicht und ergreifend Saga." Hört man sich beispielsweise "God Knows" an, den Opener des neuen Albums, wird unmittelbar deutlich, wovon Crichton spricht: zeitloser kann eine Saga-Hymne kaum klingen. Doch auch die anschließenden "The Runaway", ein Stück über die Faszination des Internets, "Always There" oder "Once In A Lifetime" können so und nicht anders nur aus der Feder von Sadler, Crichton, Schlagzeuger Steve Negus, Keyboarder Jim Gilmour und Gitarrist Ian Crichton stammen. House Of Cards erweist sich schon nach wenigen Minuten Spielzeit als intensives und ideenreiches Saga-Opus, mit einer Vielzahl prächtiger Songs. Inklusive der Fortsetzung der bei Fans besonders beliebten "Chapters", die seit nun mehr 22 Jahren fest zur Band gehören.
"Die "Chapters" sind eine Art musikalisches Puzzle", erklärt Crichton. "Wir haben eine genaue Skizze über die gesamte Geschichte, und geben auf jeder neuen Scheibe einige weitere Informationen dazu. Damit es für die Fans aber nicht allzu einfach wird, die gesamte Geschichte zu entschlüsseln, gibt es die "Chapters" nicht in der richtigen Chronologie, sondern in wahllos aneinandergereihten Häppchen. Auf unserem Debütalbum gab es die "Chapter 5" und "6", auf der letzten Scheibe beispielsweise die Parts 9, 10 und 13." House Of Cards wiederum präsentiert in "Ashes To Ashes" und "We'll Meet Again" die Folgen 11 und 15. "Möglicherweise verraten wir auf dem nächsten Album den Sinn der gesamten Story", stellt Crichton eine Auflösung der Geschichte in Aussicht. "Nur soviel dazu: Es handelt davon, was in der Welt vor sich geht, von Politik, Kultur und Religion."
Neben diesen typischen Saga-Elementen gibt es auf House Of Cards jedoch auch einige Neuerungen. "Ich denke, dass die neuen Stücke noch stärker in die jeweiligen Extreme gehen. Es gibt einige sehr ruhige Passagen, in denen wir verstärkt auf akustische Gitarren setzen, auf der anderen Seite klingen die Rockpassagen so heavy wie kaum jemals zuvor." Mehr als 30 Songs haben Saga zwischen Frühjahr und Herbst 2000 komponiert. "Der Songwriting-Prozess wurde immer mal wieder von Konzerten in Deutschland und Kanada unterbrochen. Doch dadurch konnten wir eine Menge der Energie unserer Liveshows in die Songs herüber retten." 30 Songs, von denen elf auf dem endgültigen Produkt gelandet sind, stellen ein Indiz für die unvermindert hohe Kreativität der Gruppe dar. Produziert wurde House Of Cards von Jim Crichton in seinem eigenen "Sound Image Entertainment Studio" in Los Angeles, Kalifornien. "Ich besitze zwei Studios in Los Angeles", erläutert er. "Dort bin ich quasi Mädchen für alles: Musiker, Produzent, Engineer und Kaffeekocher."
Auf der Bühne hingegen kann Crichton sich ausschließlich auf seine Rolle als Bassist der Band konzentrieren. Schon im März werden Saga wieder auf große Deutschlandtournee kommen, und allen Fans genau das präsentieren, was sie von dieser Formation erwarten. "Wir brauchen Saga nicht neu zu erfinden", sagt er. "Es ist nach wie vor die Originalbesetzung mit dem Originalsound, wie in all den vergangenen Jahren. Es gibt keinen Grund, unseren Sound zu ändern, so lange wir derart viele aufregende neue Ideen haben, wie auf House Of Cards."