Saga
Brückenforum Bonn
07. April 2010
Konzertbericht
Stil: Prog Rock
Artikel vom 18. April 2010
Jochen v. Arnim
Neo Prog-Könige Saga im Bonner Brückenforum
Gute fünfundzwanzig Jahre hatte ich mich nicht mehr intensiv mit der kanadischen Combo um Michael Sadler auseinandergesetzt, wenn man mal vom gelegentlichen Hören der alten Renner absieht. Mein Wissen um die Eigenheiten der Songs und Arrangements endete aber im Grunde mit dem "Heads Or Tales"-Album von 1983 oder vielleicht auch noch "Behaviour" von 1985. Dass sie zwischenzeitlich recht produktiv gewesen sind, ist jedoch nicht an mir vorüber gegangen, ebenso wenig wie der Fortgang des früheren Frontmannes Michael Sadler gegen Ende 2007. Von den anfänglichen Schwierigkeiten des (Tour-)Neulings Moratti konnte man ja hin und wieder lesen oder hören - Stimme gut, Erscheinung so lala. Nun ja, ich war jedenfalls schon länger gespannt, ob sie mal wieder in unsere Ecke kommen würden und so war der Entscheidungsprozess kein wirklicher, als der Termin für Bonn bekannt wurde.
Ich gebe zu, meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, als ich die Halle betrat, mehr halbherzig dem Support zuhörte und zusah. Eine überschaubare gute halbe Stunde lieferten sie ihr Set ab - sphärische Korg-Synthi-Klänge, gepaart mit stimmlicher Ähnlichkeit zu Phil Collins, Prog-Metal-Klampfe und in Teilen hämmerndem Bass. Sauber vorgetragen und dem größten Teil des Publikums hat es auch ganz gut gefallen. Es war aber trotzdem ganz eindeutig klar, warum die Anwesenden nach Bonn gekommen waren, denn mehr als artigen Applaus gab es nicht.
Mit dem Erlöschen der Lichter traten sie dann nach und nach auf die Bühne, erst die Band und zum Schluss der 'neue' Frontmann Rob Moratti. Und nun begann für mich eine Reihe von mehreren Überraschungen, was darin resultierte, dass ich bis zum allerletzten Ton aufmerksam lauschte. Es war sofort klar, dass die Band nach dem Weggang von Sadler stimmlich den optimalen Nachfolger gefunden hat. Moratti passt mit seiner Variabilität für mein Empfinden nahtlos in die von Sadler hinterlassene Lücke, füllt sie vielleicht sogar etwas rockiger aus. Sein Gebaren ist zwar einerseits noch etwas unsicher, aber auf der anderen Seite ist er schon ein kleiner Poser. Ich stimme den Ausführungen von RockTimer Boris Theobald [vgl. RT-Konzertbericht Saga in St. Wendel 2009] zwar grundsätzlich durchaus zu, denke aber, dass sich schon etwas geändert hat und der Rest sich hoffentlich auch noch zum Guten wenden wird.
Mir ist es schon öfter passiert, dass ich mich einer gewissen Enttäuschung ausgesetzt sah, wenn ich mich länger nicht mit der musikalischen Entwicklung einer Band beschäftigt hatte und mit einem größeren zeitlichen Abstand diese dann live erlebte. Irgendwie verklärt die Erinnerung bzw. man hofft, genau das zu sehen und zu hören, was man 'gewohnt' ist. Nicht so bei diesem Auftritt! Die Band spielte gerade die alten Stücke mit einem extrem hohen Wiedererkennungsfaktor und, wenn man von leichten stimmlichen Schwächen bei dem von Jim Gilmour gesungenen "Scratching The Surface" absieht, konnte sie in allen Belangen mehr als überzeugen - und hier spricht kein ausgewiesener Fan! Vielleicht haben sie aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres gelernt und ihre Setliste entsprechend variiert - das komplette "Heads Or Tales"- Album, gespickt mit einigen neuen Stücken vom Human Condition-Album und weiteren Songs aus Saga der Bandgeschichte. Die Auswahl war für meine Begriffe wohl durchdacht und mit der guten Verteilung der alten Kracher ließen sie natürlich auch wenig Freiraum für ausgiebige Toilettengänge gegen drohende Langeweile. Aber auch die ganz neuen Stücke sind wirklich gutes musikalisches Handwerk und können durchaus ihren Platz in der Riege der Must-Haves bei Konzerten bekommen.
Dominant wie üblich ist nach wie vor das Gitarrenspiel von Ian Crichton, begleitet vom treibenden Bass seines Bruders Jim, der gerne auch an die zweiten Keyboards wechselt. Wie in meiner Erinnerung an frühere Zeiten, wurden seine Soloeinsätze auch jetzt wieder mit viel Beifall bedacht. Das Publikum, übrigens eher aus der etwas gehobenen Altersklasse, wusste den unvergleichlichen und nicht verloren gegangenen, Saga-typischen Sound dankbar zu würdigen. Mit den letzten drei Krachern "Humble Stance", "On The Loose" sowie "Don't Be Late" als Zugabe wurde es dann nach etwas mehr als 1,5 Stunden in der Gewissheit entlassen, dass man von den Kanadiern auch in der neuen Besetzung noch sicher einiges Gutes zu hören bekommen wird.
Herzlichen Dank an Silke Wallenda von Bonn Musik GmbH für die schnelle und problemlose Akkreditierung!
Setlist:
Saga Wind Him Up
Step Inside
The Human Condition
The Flyer
Cat Walk
Sound Of Strangers
The Writing
Intermission
Social Orphan
The Vendetta
Sratching The Surface
The Pitchman
No Regrets
Humble Stance
On The Loose
It Never Ends
Don't Be Late