Von: Dennis Egbers @ (Rezension 1 von 2)
Überraschung, Überraschung. Nach den meiner Ansicht nach schwachen bis langweiligen Alben "Marathon" und "Network" hatte ich Saga für meinen Teil abgeschrieben. Viel mehr als lahme Aufgüsse und Nachklänge alter Größe hatte ich von den Kanadiern nicht erwartet. Umso erfreuter bin ich, dass mich die Band mit ihrem neuen Album "Trust" eines Besseren belehren kann.
Sicher - wer von Saga grundlegend Neues oder Prog im engeren Sinne erwartet, der ist nach wie vor an der falschen Adresse. Auch auf "Trust" wird der von Saga gewohnte Melodic Rock mit leichten progressiven Éinflüssen geboten, der so eindeutig erkennbar ist, dass es langsam dann doch die Einführung eines eigenen Subgenres rechtfertigte. Im Gegensatz zu den routiniert-gelangweiligten Vorgängern aber hat "Trust" endlich wieder Feuer im Hintern und so bekommt der Fan gewohnte Kost mit neuem Verve geboten. Symptomatisch dafür der kraftvoll-rockige Opener "That's As Far As I'll Go", der sofort zündet und zum Einstieg gleich mal für mitwippende Füße und ein Lächeln im Gesicht sorgt.
Auch das Gros der restlichen Stücke dürfte den Fan der Truppe begeistern, da eben doch weitgehend Gewohntes geboten wird, für das man Saga hasst oder liebt. Fans dürfen also blind zugreifen, Feinde brauchen sich keine weiteren Gedanken zu machen (aber das war irgendwie vorher auch schon klar). Das wesentliche Qualitätsmerkmal von "Trust" liegt somit nicht in Neuerungen oder Experimentierfreude, sondern darin, dass man Altbekanntes mit Frische, Power und Rotz serviert bekommt, die man in den letzten Jahren von Saga so nicht mehr gewohnt war (und die viele, so wie ich, wohl auch gar nicht mehr erwartet haben). Unterstrichen wird die neue Energie der Musik durch eine ausgezeichnete und kraftvolle Produktion, die kaum Wünsche übrig lässt und mit der man bei wärmeren Temperaturen endlich einmal selbstbewusst gegen die Ürgselbeschallung aus Dreier-BMWs antreten kann.
Zum Schluss noch eine Nachricht an all diejenigen, die das schon Gesagte immer noch nicht nachhaltig vom Kauf abhalten oder zum Kauf bewegen kann. Dies dürfte v.a. auf diejenigen zutreffen, die meinen schon "genug" von Saga zu haben und daher zumindest etwas mehr als neue typische Saga-Songs in hoher Qualität erwarten. Nun, es gibt etwas mehr. Zugegebenermaßen, ich bin nicht der große Saga-Experte und kenne nicht jede Scheibe, eher so rund die Hälfte, aber: Eine Ballade wie "My Friend" mit Holzbläsern und gediegen-ruhiger Atmosphäre habe ich so von den Kanadiern noch nicht gehört. Vielleicht macht gerade das ja für langjährige Hörer den Unterschied zwischen Kaufen und Nicht-Kaufen aus.
Im Endeffekt ist "Trust" somit für mich eine dicke positive Überraschung. Saga machen wieder Spaß und treten Popo, und damit hatte ich persönlich gar nicht mehr gerechnet...
Trust kommt am 21.04. in die Läden und wird auch als Special Edition im Digipack und mit "Making of..."-Bonus-DVD erscheinen.
Anspieltipp(s): That's As Far As I'll Go, My Friend, Trust
Vergleichbar mit: *Diese* Band ist ihr eigenes Genre
Veröffentlicht am: 15.4.2006
Letzte Änderung: 16.4.2006
Wertung: 11/15 davon ein Punkt Bonus für die Produktion
Von: Thomas Kohlruß @ (Rezension 2 von 2)
Was soll der Saga-Fanboy noch schreiben, wenn das neue Album der Kanadier nun schon bei den Saga-Skeptikern auf diesen Seiten ganz gut wegkommt?
Vielleicht fange ich mal so an: Nachdem Saga konsequent auf einen musikalischen Retro-Kurs gesetzt haben (beginnend mit "Full Circle"), weiss man eigentlich, was man von der Band erwarten kann. Hymnische, sich immer wieder in spektakuläre Höhen schraubende Keyboards treffen auf die schneidenden Licks und pfeilschnellen Soli von der Gitarre. Während Bass (tendenziell kaum wahrnehmbar) und Schlagzeug solide im Untergrund werkeln, schwebt über allem die Opern-Rock-Stimme von Michael Sadler... bis zu "Marathon" ging das gut, dann schien der musikalische Rückblick ausgelutscht. Aber schon mit "Network" hat man sich wieder berappelt und legt nun mit "Trust", vielleicht dem stärksten Werk seit "Full Circle" noch einen drauf.
Saga-Fans, die nicht zu unrecht als ziemlich konservativ gescholten werden, können "Trust" unbesehen kaufen und werden glücklich sein. Wer Saga noch nie mochte, der lässt auch von "Trust" besser mal die Finger. Beschwor "Network" noch eher die Zeiten von "The Security of Illusion", so steht "Trust" voll in der Tradition von "Images At Twilight" bis "Worlds Apart".
Mit Brian Doerner ist schon wieder ein neuer Drummer am Start, nachdem Christian Simpson, der Urgestein Steve Negus auf "Network" beerbt hatte, aus gesundheitlichen Gründen passen musste. Doerner ist ein Stück näher an Negus als Simpson, aber immer noch erfrischend druckvoller und rockiger.
Mit "That's As Far As I'll Go", "I'm OK", dem Titelsong und "Footsteps In The Hall" sind gar ein paar Songs vertreten, die durchaus als Klassiker in die Saga-Annalen eingehen könnten. So eine Kombination aus AOR-Stadion-Refrain und proggigen Songkonzept wie "I'm OK" kriegen eigentlich nur Saga gebacken. Und manch ein Song enthält gar kleine Überraschungen, wie z.B. der seltsame Gesangseinstieg in "Time To Play" oder die gefühlvolle Akustik-Ballade "My Friend".
Daumen hoch für dieses Werk und im nachhinein bedauere ich richtiggehend, dass ich dieses Jahr das obligatorische Saga-Konzert ausgelassen habe. Ach ja: Und die alte Regel "Saga-Alben mit tollen Covern enthalten auch tolle Musik" stimmt hier wieder.
Anspieltipp(s): That's As Far As I'll Go, I'm OK, Trust
Vergleichbar mit: Saga sind Saga...
Veröffentlicht am: 7.5.2006
Letzte Änderung: 7.5.2006
Wertung: 11/15
Quelle: http://www.babyblaue-seiten.de/index.php?albumId=6990&content=review