Von: Thomas Kohlruß
Nicht unbedingt freundlich aussehende UFOs schweben über der Silhouette der bayrischen Landeshauptstadt München... ach ja, die ausserirdischen Saganer sind in der Stadt! Da ist es also nun, das Dokument des endgültigen Abschieds von Michael Sadler von Saga. Der Livemitschnitt des letzten Konzerts der letzten Tournee. Da schwingt natürlich etwas Wehmut mit, aber glücklicherweise schlägt sich davon nicht allzuviel bis gar nichts auf die Konzert-Performance durch.
Auf „Contact‟ (Untertitel „Live in Munich‟) wird auf 2 CDs das komplette Konzert geboten. Wie bei Saga üblich gibt es die Klassiker aus der Bandgeschichte, ohne die es kein Saga-Konzert gibt. Das sind die üblichen Verdächtigen von „You're Not Alone‟ über „Don't Be Late‟ bis zu „Humble Stance‟. Natürlich werden auch Songs vom letzten Studioalbum mit Michael Sadler - „10.000 Days‟ - dargeboten, so der Titeltrack (mit Abstand der schwächste Song an diesem Abend), „Can't You See Me Now‟ (live gar nicht mal schlecht) und „Book Of Lies‟. Die drei Songs stören nicht, zeigen aber deutlich welcher Abstand zwischen den klassischen Saga-'Hits' und großen Teilen des neueren Materials klafft. Aber es gibt natürlich auch überzeugende neuere Songs von Saga und so wählen die Kanadier mit gutem Gespür z.B. „That's As Far As I'll Go‟ und „I'm OK‟ vom „Trust‟-Album oder „On The Air‟ vom „Network-Album‟. Zu Beginn von „On The Air‟ gibt es allerdings einen unfreiwilligen entlarvenden Moment, als die Zuschauermenge in freudiger Erwartung „Don't Be Late‟ skandiert, aber dann eben „On The Air‟ kommt. Aber die beiden Anfänge (und Teile der Songs) sind schon auch täuschend ähnlich. Man meint Michael Sadler grinsen zu sehen, wie er die Fans auch noch absichtlich auf's Glatteis führt...
Die Überraschung des Abends ist für mich die knackige Version von „Mind Over Matter‟ (vom „The Security of Illusion‟-Album), einer der besten Saga-Songs überhaupt für mich, live leider sehr selten dargeboten. Michael Sadler brilliert mit einer Acapella-Version von „The Security of Illusion‟ und dem halbakustischen „Time's Up‟. Jim Gilmour darf sich mit einem Piano-Solo und einer wie leider inzwischen üblich abgestrippten Version von „Scratching The Surface‟ austoben. Ian Crichton lässt sich nicht lumpen und feuert ein messerscharfes Gitarrensolo nachdem anderen ab. Und es gibt schon wieder einen neuen Drummer: Chris Sutherland heißt der Ersatz für den erkrankten Brian Doerner. Sutherland bekommt gar ein leider eher maues Schlagzeugsolo, um sich einzuführen, spendiert.
Die Band ist gut drauf, der Sound ist gut, es gibt all' die Saga-Trademarks (flirrende, sich hochschraubende Keyboards, schneidende Gitarre, kraftvolles Drumming, das perfekte Zusammenspiel der Band und natürlich Sadlers Operngesang) in Hülle und Fülle, das Publikum singt mit voller Kraft mit („...I'm the flyer Nobody's gonna shoot me down...‟), ein würdiger Abschluss einer Ära. Die Songauswahl kann sich sehen lassen (die besagten Doppelungen muss man in Kauf nehmen). Das ich mir vielleicht noch den einen oder anderen Song gewünscht hätte („Mouse in a Maze‟, „Remember When‟) liegt bei der großen Auswahl auf der Hand, aber Saga können ja schlecht vier Stunden spielen (obwohl...). Auf jeden Fall liegt nun neben „Worlds Apart Revisited‟ ein weiteres erstklassiges Saga-Livedokument vor, mit dem sich die Fans über den Verlust eines ihrer Idole hinweg trösten können.
Und Saga kommen - für mich etwas überraschend - wieder. Ein neuer Sänger, ein neues Studioalbum ("The Human Condition") und eine neue Tour... man darf gespannt sein oder Angst haben...
„Contact‟ erscheint in diversen Ausgaben: Als wie hier besprochen Doppel-CD im Jewelcase ziemlich sicher am 27.02., als DVD und als Special Edition mit 2 DVDs und 2 CDs früher oder später, im Moment heißt es „Mitte März‟.
Quelle: http://www.babyblaue-seiten.de/album_9674.html