Seit 1977 spielt Saga eine wichtige Rolle im Rockbusiness. Dreißig Jahre das ist eine lange Zeit, wenn auch nicht ganz die im Titel genannten 10.000 Tage. Aber es geht hier ja auch nicht um Mathematik, sondern um Musik, und da zeigen die fünf Granden mit ihrem neuen Album, dass sie ihr Metier hervorragend beherrschen. Das Abschiedsalbum von Sänger Michael Sadler, der aus privaten Gründen die Band verlässt, ist eine wahrlich sagenhafte Platte, kraftvoll, abwechslungsreich, atmosphärisch dicht. Typisch Saga eben.
Wie bei jedem guten Album wird das Anhören von „10,000 Days‟ auch nach dem fünften, sechsten oder hundertsten Durchdrehen des kleinen Silberlings nicht langweilig. Ganz im Gegenteil, immer wieder entdeckt man neue Passagen, neue Klänge und neue Zusammenhänge. Vieles spielt sich unter der zuerst hörbaren musikalischen Meeresoberfläche ab da sind Unterströmungen, Harmonien, die wie Fischschwärme an einem vorüberziehen, und die aufwühlenden Gitarrenriffs von Ian Crichton. Dazu das von Drummer Brian Doerner und Bassist Jim Crichton geschaffene solide Fundament, das die anderen als Plattform für ihre musikalischen Experimente nutzen können.
Und davon gibt es viele. Zugegeben, nicht alle sind erfolgreich, so wie etwa die verzerrten Keyboard-Klänge von Jim Gilmour, die „Sideways‟ eröffnen und leider eher verstörend wirken, stehen sie doch im Gegensatz zu den klassischen Rock-Harmonien, die das Stück ansonsten dominieren. Solche Stellen bilden aber die Ausnahme. Vor allem stören sie aber nur minimal denn so bleiben zum Beispiel noch 4 Minuten und 26 Sekunden eines genialen „Sideways‟-Tracks, der Hymnencharakter hat. Absoluter Anspieltipp sind aber vor allem der Opener „Lifeline‟, der Michael Sadlers unglaublich saubere Stimme gut herausstellt, und das abschließende „It never ends‟.
Dazu kommt mit dem titelgebenden „10,000 Days‟ eine Mischung Gitarrenballade und Hymne, die man stilistisch auch bei Runrig ansiedeln könnte. Man kann es mögen oder auch nicht es ist jedoch ein weiterer Beweis für die Vielseitigkeit der Platte. Mit „Corkentellis‟ bietet Saga außerdem noch ein Instrumentalstück der Extraklasse für alle Fans des Progressive Rock. Dagegen wirkt „More than I deserve‟ sehr depressiv und schwülstig, obwohl oder vielleicht gerade weil Sadler es seinen Fans gewidmet hat. Leider ist es nicht ganz auf dem Niveau, das man normalerweise von Saga erwartet.
Im großen und ganzen gehört „10,000 Days‟ vielleicht nicht zu den besten Alben von Saga, aber trotzdem hat die Scheibe für Fans guter Rock-Musik jede Menge zu bieten. Wem das noch nicht reicht, sei die Deutschland-Tournee zu empfehlen, die am 25. Oktober in Worpswede startet und am 5. Dezember in München ihr Ende findet.