Saga
Support: The Urge
Phoenixhalle, Mainz
25.November 2007
Stil: Prog Rock
Ralf 'Jogi' Ruhenstroth - Dieter Ober
Bericht vom 10.12.2007

Wenn ein Grand Seigneur die große Rockbühne verlässt, dann ist es ein Moment zum Nachdenken. Ja, darüber nachgedacht, dass Leadsänger Michael Sadler zum letzten Mal mit seiner Stammband auf Tour geht, und dass die Musik damit einen der charismatischsten Sänger verlieren wird, habe ich in den letzten Wochen des Öfteren. Und so war mir eigentlich gar nicht so wohl dabei, als ich am Sonntag, den 25.11.07 die Phoenixhalle in Mainz betrat, wissend, dass an diesem Abend eine Band auf der Bühne stehen wird, die zum einen eine Bank ist, was ihre Live-Darbietung betrifft, zum anderen aber auch, dass es Abschied nehmen heißt. Abschied nehmen von Michael Sadler, der seinen Ausstieg bekannt gegeben hat, um sich fortan mehr um seine Familie zu kümmern
(wir berichteten).
Das ehrt ihn ohne Frage. Allerdings ist uns allen klar, dass der Mann in der Band Saga eine riesige und klaffende Wunde hinterlassen wird. Denn wer soll in der Lage sein, die Songs von Saga zukünftig zu singen? Es mag ja gar nicht einmal der Schwierigkeitsgrad in den Gesangsharmonien sein. Aber fest steht auch, dass man so gut wie jedes Saga-Stück schon auf Grund seiner Stimmlage erkennt. Und genau dies ist ein Merkmal, welches Michael Sadler zu einem der ganz großen Sänger im Rockbusiness zählen lässt. Wir alle sind gespannt, wie es mit Saga weiter gehen wird.

Auffällig war sofort, dass die Halle sehr gut gefüllt war. Ich denke, es dürften so in etwa 1700 - 1800 Saga-Fans gewesen sein, die diesen letzten gemeinsamen Auftritt in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt erleben wollten. »10,000 Days - The 30th Aniversary Tour« hieß das Motto. Gut gewählt, immerhin lässt dies mehrere Optionen offen. Zum einen wird das aktuelle Album
10,000 Days promotet, zum anderen sind 30 Jahre ziemlich exakt 10.000 Tage, welches einen musikalischen Querschnitt durch die Bandgeschichte erwarten lässt. Nun, es gab von allem etwas.

Nach einer recht ansprechenden Vorgruppe namens The Urge, mit John Miles-Junior an der Gitarre, betraten die Hauptprotagonisten pünktlich um 21.00 Uhr die große Bühne. Na klar, alles gewohnt bombastisch. Große Tastenburg und ein beeindruckendes Drumset von Aushilfsdrummer Chris Sutherland. Ein furioses Intro und los ging es mit dem Song "Interview" von "Worlds Apart". Yep, da waren sie, diese vertrauten Klänge. Aber eines war mir auch schon vor dem Auftritt klar. Die Phoenixhalle in Mainz entpuppt sich immer mehr zur haushohen Herausforderung für jeden Mischer, und obwohl Saga nicht zu laut waren, muss man auch hier von Beginn an attestieren, dass diese Halle über wahrlich keine besonders gute Akustik verfügt. Das Publikum, wie nicht anders erwartet ein gutes Stück über 30 Jahre alt, nahm es trotzdem gelassen hin.

Ein Michael Sadler, im längs gestreiften Hemd, rank und schlank, vermutlich bestens trainiert, ergriff sofort das Geschehen und man konnte förmlich mit den Augen aufsaugen, wie die Band dem Frontmann folgte. Es kamen die Tracks "That's As Far As I'll Go" und "I'm Okay" vom 2006er-Release Trust. Die Fans forderten sehr schnell das ältere Material. Auch dies war zu erwarten. Doch Saga arbeiten alles der Reihe nach ab. Gewohnt professionell kündigte der Sänger zwei Songs vom aktuellen Werk "10,000 Days" an. Es waren dann auch in der Folge die Stücke "Can't You See Me Now" und "Book Of Lies".

Eine nett aussehende Lady neben mir äußerte sich, dass sie davon ausgehe, dass ein Mann wie Sadler, der es seit 30 Jahren gewohnt ist, im Rampenlicht auf der Bühne zu stehen, nicht lange ohne diese Show aushalten werde. Wir sind gespannt, ob sie Recht behalten wird.
Chris Sutherland am Schlagzeug erweckte in mir den Eindruck, dass er doch mit der Setlist kämpfen muss. So ganz rund klang das Ganze nicht, und auch das Drum-Solo, ohne Zweifel lichttechnisch gut in Szene gesetzt, erfüllte meine Erwartungen nicht ganz. Nach gut einer Stunde erfolgte der melancholische Teil der Show.

Michael Sadler setzte sich auf einen Barhocker und nahm von seinen Fans Abschied. Er bedankte sich brav für die abgelaufene Zeit mit dem Hinweis: »thirty years are enough«. Und die Fans verzeihen ihm das, sie haben Respekt vor seiner Leistung und vor seinen zukünftigen Plänen. Und alle haben irgendwie die Hoffnung, dass es mit Saga weitergehen wird. Nur von den Tasten begleitet bot uns Sadler ein rührendes "Time's Up" und mancher im Saal bekam eine leichte Gänsehaut. Und damit war noch nicht Schluss mit den eher traurigen Tönen. Keyboarder Jim Gilmour machte den Ausflug mit seinem Synthie und sang uns "Scratching The Surface". Das war nicht schlecht, aber dennoch hoffe ich, dass die Band nicht ernsthaft darüber nachdenkt, ihn als Nachfolger von Sadler zu installieren. Nein, da hängen die Trauben einfach viel zu hoch und dies wäre kein adäquater Ersatz.

Auch in Mainz hatte der Lichttechniker Geburtstag, der feiert also jeden Abend, diese Info habe ich inzwischen bekommen. Und Michael Sadler bezeichnete sich auch an diesem Abend als ein Lügner. Warum? Er hatte zu Beginn den Fans noch versprochen, dass es lediglich zwei Songs vom aktuellen Longplayer geben wird. Das stimmte natürlich nicht, denn Saga zelebrierten noch die Ballade "10,000 Days". Was mir dabei bis jetzt unerklärlich ist: Woher kamen die guten Chorgesänge? Außer Sadler sang im Refrain niemand der Band und ich hege den Verdacht einer Einspielung vom Band. Mal sehen, ob man dieses Geheimnis noch lüften kann. Das Hauptprogramm schloss das umjubelte "Wind Him Up".

Nun noch kurz zu den Encores: Sadler nahm die Bassgitarre zur Hand und der Gassenhauer "Humble Stance" rockte noch mal richtig ab. Und mit "Don't Be Late" wurde das Konzert nach exakt zwei Stunden geschlossen. Was blieb, war ein ansprechender Gig, ein von der Bühne schreitender Michael Sadler und ein doch zufriedenes Publikum, welches wohl wirklich nicht den Eindruck mit nach Hause nahm, dass dies die letzte Show mit diesem Ausnahmesänger gewesen sein soll. Für sie alle wird es Saga weiterhin geben, und zwar nicht nur aus der Konserve, sondern mit einem neuen Album und einer anschließenden Tournee. Die große Frage ist und bleibt: Wer wird die Formation am Mikro anführen? Eine der spannendsten Fragen der nächsten Zeit schwirrt in allen Köpfen der Fans rum, und selbst die Band wird es noch nicht wissen. Michael Sadler bleibt zu wünschen, dass er wirklich die richtige Entscheidung getroffen hat.
Wir bedanken uns bei Rainer Zosel von ZCON-Entertainment für die Zusammenarbeit und die Akkreditierung!


Line-up:
Michael Sadler (vocals, keyboards, bass)
Ian Chrichton (guitars)
Jim Chrichton (bass, moog)
Jim Gilmour (keyboards, synthesizer)
Chris Sutherland (drums)


Setlist:
Intro
Interview
That's As Far As I'll Go
You're Not Alone
I'm Okay
Can't You See Me Now
Book Of Lies
The Perfectionist
Drum-Solo
The Flyer
Mind Over Matter
Time's Up
Keyboard-Solo
Scratching The Surface
We've Been Here Before
On The Air
On The Loose
Careful Where You Step
10,000 Days
Wind Him up

Encores:
Humble Stance
Don't Be Late


Quelle: http://www.rocktimes.de/gesamt/s/saga/mainz07.html

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