Die Saga beginnt mit Albert Einstein
Was verbindet die kanadische Band Saga mit Ulm? Einige Gastspiele - im Roxy, im Zelt. Aber vor allem ist es Albert Einstein. Der gebürtige Ulmer ist die Hauptfigur in der Saga, die der Band den Namen gab.
HELMUT PUSCH | 16.11.2012 23 0 0
Saga-Frontmann Michael Sadler plaudert im Theatro über seine Band, Einstein und Ulm. Foto: Sophie Krauss
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Saga-Frontmann Michael Sadler plaudert im Theatro über seine Band, Einstein und Ulm. Foto: Sophie Krauss
Sie waren eine der erfolgreichsten und musikalisch anspruchsvollsten Bands der 80er Jahre in Deutschland. Mit ihrer Mischung aus konzertantem, aber durchaus hartem Rock, trickreichen Instrumentalpassagen und Michael Sadlers pathetischem Gesang sicherten sie sich nicht nur die Gunst der Fans, sondern auch die Hochachtung der Musikerkollegen.
Doch die Kanadier schrieben nicht nur Songs, die ihren Platz auf der ewigen Gästeliste des Art-Rock haben, sie bastelten sich auch eine Saga (!) zusammen, die sie verstreut über mehrere Platten scheibchenweise und bis heute unvollständig erzählten. Kurz zusammengefasst geht es darum: Die Welt wird von Außerirdischen beobachtet, die sich Sorgen um die Menschheit machen. Die Welt zerfällt in zwei Machtblöcke, die sich mit Atomwaffen bedrohen (die Saga entstand Ende der 70er Jahre).
Die Aliens suchen nach einem Menschen, dessen Intelligenz und charakterliche Festigkeit ihn in die Lage versetzen, die Menschheit zu retten. Und sie merken schnell, das hätte nur der verstorbene Albert Einstein leisten können. Sie beschließen, das Gehirn Einsteins, das im Smithonian Institute in Washington zu Studienzwecken aufbewahrt wird, zu stehlen und ihm einen künstlichen Körper zu geben, der einer menschlichen Libelle ähnelt . . .
Mit dieser Geschichte und ihren Chapters (Kapiteln) sind die Kanadier seit mehr als 30 Jahren unterwegs, haben auch schon mehrfach in Ulm Station gemacht - wie jetzt wieder im Theatro. Nur: "Der Geburtsort Einsteins war für uns nie ein Thema", sagt Saga-Frontmann Michael Sadler im Gespräch vor dem Konzert. "Uns hat auch nie jemand darauf aufmerksam gemacht, dass Einstein in Ulm geboren wurde."
Einer hat es ihnen jetzt gesagt: Der Ulmer Christoph Alexander Schmidberger - via Facebook. Der ist zwar erst 28, war zu Sagas erfolgreichsten Zeiten gerade mal geboren, aber er hat die Band studiert und sich auch mit den Chapters auseinandergesetzt. Und wie fühlt man sich, wenn man in der Geburtsstadt seines Protagonisten auftritt. "Es ist schon ein seltsames Gefühl", sagt Sadler und fragt auch gleich: "Steht eigentlich Einsteins Geburtshaus noch?" Als er erfährt, dass das Haus im Krieg zerstört wurde, setzt er nach: "Aber ein Einstein-Denkmal, das gibt es doch in Ulm?" Ja natürlich - von Max Bill.
Die Geschichte der Chapters ist geheimnisvoll - auch weil sie nie zu Ende erzählt wurde. "Wir haben die einzelnen Kapitel ja auch nicht chronologisch erzählt, sondern auf unseren Platten immer wieder Songs als Chapters ausgewählt, von denen wir dachten, die könnten passen. Und mit den Chapters haben wir unseren Fans etwas zu knabbern gegeben", sagt Sadler, der sich immer wieder darüber amüsiert, zu welchen Deutungen die Saga-Fans bisweilen kommen.
"Manche sind schon ganz nahe dran an der ganzen Geschichte, aber komplett hat sie noch keiner erzählt." Und das will die Band auch jetzt nicht tun: "Wir haben immer noch im Hinterkopf, darüber mal einen Film zu drehen, vielleicht wird auch ein Videospiel daraus. Da wollen wir das Geheimnis nicht verraten." Und falls das Filmprojekt wirklich realisiert wird, "werden wir natürlich auch Ulm miteinbeziehen, jetzt, wo wir wissen, dass Einstein hier auf die Welt gekommen ist", sagt Sadler. Der Sänger fühlt auch eine gewisse Verbundenheit mit dem Nobelpreisträger. "Ich bin natürlich kein Genie, aber Einstein hat als Physiker immer wieder in musikalischen Formen gedacht", weiß Sadler. "Und ich denke beim Komponieren auch oft in mathematischen Formeln", erklärt Sadler - und verabschiedet sich, um sich für das Konzert umzuziehen.
Und da ist dann zu hören, wie sich mathematische Formeln auch noch im 35. Jahr einer Band anhören können: mal kunstvoll verschnörkelt, mal mit dem Rockhammer geschmiedet - eben Saga. 450 Fans waren im Theatro begeistert und erklatschten sich zwei Zugaben. Und die geben Saga nicht in jeder Stadt.
Quelle: http://www.swp.de/ulm/lokales/ulm_neu_ulm/Die-Saga-beginnt-mit-Albert-Einstein;art4329,1724930