Ein weiteres "Chapter" der SAGA

Als im Jahre 1977 die Rockband SAGA formiert wurde, rechneten die Gründungsmitglieder Jim Crichton (Bass), Steve Negus (Drums), Michael Sadler (Stimmbänder), Ian Crichton (Gitarre) und Jim Gilmour (Keyboards) sicher nicht damit, dass sie 26 Jahre später noch immer im Rockzirkus dieser Erde in der Manege stehen würden. 1982 befanden sich der Schreiber dieser Zeilen und der kanadische Fünfer zum ersten Mal gleichzeitig an einem Ort, denn SAGA spielten im Rahmen ihrer "World's Apart"-Tour in der Bremer Stadthalle. Ich war ziemlich beeindruckt vom genialen Sound der Band und von den, für die damalige Zeit, unglaublichen Lichteffekte. Hinter der Bühne war seinerzeit eine riesige Lichtwand aus Lichtwürfeln aufgebaut, was zur allgemeinen Verzückung führte. Die Saga um SAGA setzte sich also fort und beinahe unzählige Male (na ja so ca. 15 Mal) befand ich mich zur gleichen Zeit am gleichen Ort wie die Band, will sagen, ich sah ihre Konzerte oder traf mich seit Anfang der 90er regelmäßig zwecks Interview mit der Band oder vornehmlich mit Michael Sadler. Die Hallen wurden mit den Jahren zwar kleiner, die Musik und die Show blieben aber auf dem gleichen hohen Standard, den Musikfans von SAGA erwarten. Nun hat mit "Marathon" ein weiteres Werk die Soundschmiede der Band verlassen und ein Interview stand an. Aufgrund der vielen Treffen mit SAGA war es ziemlich schwierig überhaupt noch Fragen an die Band zu finden, deren Antworten ich nicht bereits kannte. Also wählte ich diesmal Ian Crichton als Interviewpartner, denn ihm konnte ich ja vielleicht Dinge entlocken, die Michael Sadler mir nicht erzählen konnte.
Zunächst ging es um die Wiederbelebung des Insekt und der weiteren Chapter, die SAGA ja seit Beginn an auf ihren Alben verteilt haben.
"Ich habe die ersten Chapter für das erste Album geschrieben und immer wieder kamen weitere dazu. Zwischendurch gab es einige Alben eine Pause, doch mittlerweile sind wir bei Chapter 22 angelangt." Anzumerken wäre, dass die Chapter nicht chronologisch auf den Alben zu finden sind, sondern in loser Reihenfolge verteilt sind. "Wir haben auf "Marathon" die Chapter 12, 14 und 16 veröffentlicht. Unser Insekt, dass auf den meisten Alben zu sehen ist, ist im Booklet des aktuellen Album in 20 weiteren Bildern zu sehen. Wir werden die Geschichten des Insekt wohl als Comic veröffentlichen. Außerdem überlegen wir, die Story mit dem Insekt in ein Computerspiel umzusetzen." Gute Idee, aber nicht neu, denn IRON MAIDEN sind mit ihrem Computerspiel auf die Nase gefallen. Egal, nun wäre interessant zu wissen, um was es in der gesamten Story eigentlich geht. "Ich erzähle den Menschen nicht, um was es in dieser Story geht. Es ist nicht wie ein Kinderbuch geschrieben, in dem alles total erklärt wird. Es gibt jede Menge Freiräume für eigene Interpretationen. Ich finde es ziemlich amüsant, wenn ich auf unserer Webseite Ideen lesen, wie die Geschichten weiter gehen könnten oder was genau die Inhalte sind. Diese Fans haben eine komplett andere Story, die manchmal viel besser ist als meine. Einige sind nah an dem wirklichen Inhalt der Story, andere absolut weit entfernt. Ich finde es großartig, dass sich so viele Menschen mit meinen Geschichten beschäftigen. Ich denke auch, dass es besser ist, wenn die Fans es wie ein Puzzle zusammensetzen, als wenn ich es ihnen genau erzähle. Andere schreiben Liebeslieder, wir verteilen Puzzlestücke über 25 Jahre auf Alben." Geschickt, da könnte man doch auch auf die Idee kommen, dass Crichton sich Ideen der Fans zu Nutze macht und in seine weiteren Chapter einbaut. "Nein, ich weiß schon immer genau, wie die einzelnen Chapter aussehen werden." Ob SAGA denn schon Mal überlegt haben, die Chapter alle in der korrekten Reihenfolge auf einem Album zu veröffentlichen, wollte ich von Crichton wissen. "Wir haben überlegt, die Chapter live an verschiedenen Abenden in der richtigen Reihenfolge zu spielen. Wir werden dann zwei Abende live aufnehmen und haben damit dann alle Chapter in der richtigen Reihenfolge. Voraussichtlich werden wir das auf der kommenden Tour machen."

Also zurück zum eigentlichen Album, das ja "Marathon" heißt, was zum Beispiel bedeuten könnte, dass die Aufnahmen einem Marathonlauf gleich kamen. "Nein, das Album heißt "Marathon" weil unsere Karriere nun 25 Jahre lang andauert und das unser Marathon ist." Naja, jeder Marathonläufer kennt Durchhänger aber auch Adrenalinstöße, wenn es wieder gut läuft. Wo waren denn die Durchhänger bei SAGA? "Unser Tief hatten wir am Anfang der 90er Jahre, als alle Welt nur noch Grunge im Radio hören wollte. Es war sehr schwer den Fans mitzuteilen, dass SAGA ein weiteres Album veröffentlicht hatten." Wo war da dann der Ansporn, überhaupt weiterzumachen? "In der Band sind fünf Menschen, die Spaß daran haben SAGA-Musik zu spielen. Irgendwie wurden wir dann doch immer unterstützt und bekamen einen neuen Deal, wenn der vorherige auslief. Wir haben Spaß an SAGA, warum sollten wir aufhören? Wenn es langweilig wäre, dann hätten wir es gestoppt."

SAGA waren neuen Techniken immer aufgeschlossen gegenüber und haben "Marathon" auf ganz besondere Art und Weise komponiert und aufgenommen. "Michael und ich leben in Kalifornien, die anderen drei in Kanada. Wir haben mit Hilfe einer Webseite unsere Songs komponiert. Wenn ich morgens neue Ideen für Keyboard- oder Gitarrensoli hatte, schaltete ich den PC ein und stellte sie meinem Bruder vor. Durch eine Webcam war es so, als würden wir gemeinsam in einem Raum sitzen. Über ein Aufnahmestudio im Internet fügten wir die Songs teilweise zusammen. Auf der Webseite kann man übrigens unbegrenzte Telefonate mit Webcam kostenlos führen." In der alten Zeit waren SAGA eine Popband, hatten Hits wie 'Humble Stance', 'Wind Him Up', 'On The Loose', 'The Flyer', 'How Long' oder 'Don't Be Late' und eroberten die Radiostationen. Ihr Sound war eine Mixtur aus Synthie-Epen und Monumental-Rock. Wo sehen sich SAGA heute? "Ich glaube wir mischen viele Dinge zu unserem Sound, wir sind immer noch poppig, aber auch rockig und seit einiger Zeit auch progressive orientiert."

Egal ob Pop oder Rock, SAGA haben ihren einzigartigen Stil und sind eine der letzten eigenständigen Bands, in einer Zeit der gecasteten Popsternchen, die auf eine lange Karriere zurückblicken können. Ich hoffe auf einige weitere Chapter und natürlich Livekonzerte.


Jürgen Will

Quelle: http://www.rock-zirkus.de/Interviews2.htm

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